17. August 2023
Heute: der 3D-Drucker, Salangana elastica
Die meisten von Euch würden einen 3D-Drucker auf keinen Fall als Vogel bezeichnen.
Denn er sieht nicht wie ein Vogel aus. Und trotzdem ist er einer!
Er gehört zu den Salanganen, das sind Mauerseglerverwandte aus dem tropischen Raum – Ihr erinnert euch vielleicht an die Aroma – welche so lange gegen eine Wand rotzen, bis dort eine veritable Schublade entstanden ist, die zur Aufnahme der gelegten Eier und der daraus abfolgenden Küken geeignet ist.
3D-Drucker sind als eingewanderte Vogelart in Europa keineswegs neu, auch wenn sie erst jetzt allentorten in den Medien Präsenz zeigen, sei es als transplantationsmedizinische Wunderwaffen, sei es als Häcker-Tools mit denen so wahnsinnig schlimme Dinge wie Fahrradklingelhalterungen gefertigt werden, sei es als das Gerät, was gerüchteweise am häufigsten dazu dient, Teile auszudrucken, welche zum Bau oder zur Reparatur eines 3D-Druckers nötig sind.
Letzterer Aspekt sollte uns Ornithologen und damit auch Biologen stutzig machen. Denn ist es nicht geradezu ein Merkmal des Lebendigen, sich selbst zu vervielfältigen?
Aber zurück zum 3D-Drucker und seinem So-neu-gar-nicht-hier-heimisch-sein.
Ich hatte meine erste Begegnung mit einer 3D-Drucker-Kolonie im Sommer 1987, als ich mit einer Schulfreundin zusammen in Form eines Kurzurlaubs in Westberlin die damals noch in aller Pracht stehende Berliner Mauer mit dem Fotoapparat auf Motive hin abschleckte. Es gab dort ein sehr beeindruckendes Gebilde, welches Einheimische uns hartnäckig als „Kaugummikunstwerk“ beschrieben, und dessen Genese sie auf Menschen zurückführten, die Klumpen mit synthetischen Geschmacksrichtungen aus ihren Mundhöhlen entnahmen, um sie an Vorhandenes dran zu bappen. Eine durchaus im Gedächtnis bleibende Vorstellung, zumal sie genau die richtige Menge Ekel versus Faszination enthält.
Es mag durchaus sein, dass Menschen später mit an diesem Wall bauten, aber die Hauptarbeit erledigten nachtaktive kleine Vögel, welche tropisch-asiatischen Ursprungs sind, und an das Leben in Höhlen angepasst. Salanganen. In unserem Fall die 3D-Drucker.
Kurzfristig waren unter Experten auch heimische Schwalbenarten als Verursacher im Gespräch, jedoch fehlten Lehm und Stroh als Materialien in diesen „Kaugummikunstwerken“ vollständig; einzig synthetische Plaste und Elaste waren dort verbaut.
Wegen der Materialbeschaffenheit wurde auch ein kommunistisches Bio-Experiment mit gentechnisch veränderten Trabants (das „Trabbi-Frankenstein-Geheimprojekt“) angenommen; jedoch fehlten die in solchen Fällen unvermeidlich mit eingebackenen Zierleisten und Radkappen ebenfalls völlig, und jede Bewegung eines großen Körpers über die Mauer von Ostseite aus hätte gerade in dem stark bewachten Berliner Sektor unweigerlich zu massivem Beschuss geführt; die Volksgenossen hatten mit Sicherheit keinen Befehl, Autos unbehelligt über die Mauer entschwinden zu lassen.
Auf die Mars-UFO-Theorie der Flat-World-Intelligenzdesigner muss ich an dieser Stelle nicht eingehen.
Ebenso kann der GAU von Tschernobyl als Quelle des Kaugummi-Kunstwerks ausgeschlossen werden, da die Ursprünge der beobachteten Bildung laut den Einheimischen sehr deutlich vor dem 25. April 1986 liegen.
Damals wusste niemand, wonach er Ausschau zu halten galt; heute, wo das Aussehen eines 3D-Druckers bis ins intimste Detail bekannt ist, sollte es leicht fallen, diese Tierchen auf historischen Dokumenten zu identifizieren.
Sogenannte Kaugummi-Kunstwerke von teilweise bedeutenden Ausmaßen wurden seit den 1970er Jahren sporadisch an allen möglichen Orten der zivilisierten Welt gefunden, was dafür spricht, dass der 3D-Drucker schon sehr lange ein unerkannter Kosmopolit ist.
In der aktuellen Heraldik und Ikonographie wird der 3D-Drucker in engster Verbindung zu Computern und CAD-Programmen dargestellt, und es wird weiters ungefragt angenommen, dass er grundsätzlich auf eine Bodenplatte zu drucken beabsichtigt.
Dieser Eindruck entstand nur dadurch, dass der 3D-Drucker unter anderem in der Nähe von Computern und bei Gelegenheit auch auf horizontal ausgerichteten Flächen seine eigenen Ziele verfolgt – und dies mit großer Hartnäckigkeit, wie unter anderem der Hackspace Marburg mir authentisch und glaubwürdig berichtete!
Diese eigenen Ziele sind unter anderem das sogenannte Rotzbömmeln, welches der Hackspace als „in die Luft drucken“ bezeichnet, und bei dem eine erhebliche Menge erhärteter Speichel frei am Schnabelwinkel hängend in einer Art Display-Verhalten herumgeschwenkt wird.
Das Rotzbömmeln gehört zum Balzverhalten des 3D-Drucker-Hahnes, hiermit beweist er, das er genug Spucke hat um ein so umfangreiches Unternehmen wie Brut und Jungenaufzucht durchzustehen.
Nicht umsonst heißt es analog bei Menschenmännchen: „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt“.
Die 3D-Drucker-Henne geht mit ihrem Rotz nicht so verschwenderisch um; daher ist sie bei Leuten, welche gerne produktiv und verwertbar Fahrradklingelhalterungen ausdrucken möchten, deutlich beliebter als der Hahn. Jedoch hat die 3D-Drucker-Henne relativ schnell den Rhynchus voll, wenn sie benutzt wird, und macht dann auf „defekt“, was die Halter solcher Tiere dazu bringt, Ersatzteile drucken zu lassen.
Diese Ersatzteile sind nichts anderes als die Eier des 3D-Druckers. Nur weil sie nicht oval oder rundlich wie andere Vogeleier sind, bedeutet das noch lange nicht, dass sie keine Eier sind.
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Musik im Vor- und Abspann (ab Folge 60):