17. August 2023
Heute: die Grilldrossel, Turdus rapax
An schwiemelig-schwülen Tagen reizt ein kaffeetassengroßes, schwärzliches Tier die Personen, die im Freiland glühende Kohlen mit dem eigenen Munde bepusten und dabei Grillgut in der Hand halten, indem es diesen ständig wie ein kleiner Privatmond eng um die Figur fliegt:
Das ist die Grilldrossel. Genauer gesagt, das ist das Männchen der Grilldrossel.
Es entgeht der spontanen Einbeziehung in die Nahrungskette des Menschen durch ausgesprochen geschicktes Navigieren im Luftraum und führt anschließend die Umkreisungen gewissenhaft weiter aus.
Das Ziel des zirkelnden Grilldrossel-Hahns ist nicht, wie der argwöhnische Wurstjockey nun vielleicht vermuten könnte, einen Fleischfetzen abzubekommen oder gar ein komplettes T-Bone-Steak zu entern – er ist strenger Vegetarier und erscheint nur dann auf dem Plan, wenn es auch gegrillte Pflanzenteile gibt.
Aus diesem Grunde hat sich aus der deutschen Grilltradition weiträumig das Auflegen von Paprikaschoten, Tomaten, Zwiebeln, Maiskolben und Pilzen wieder herausgemendelt, und Kartoffeln werden hermetisch in einen Aluminiumblock versiegelt, bevor sie zu den Kohlen gekippt und dort vergessen werden.
Vielleicht ist auch Ihnen schon öfter auf gefallen, dass die Anwesenheit von Vegetabilien auf einem Gemischten Freizeit-Grill grundsätzlich zu erheblichen Aggressionen unter den anwesenden Gästen führt.
Und wer von Ihnen, liebe Zuhörer, bisher dachte, diese ausbrechenden Konflikte würden definitiv auf dem mutwilligen Verunreinigen der Vegetarier Sicherheits Aluminium Dünst-Schale mit Wurstfett und Fleischsaft basieren, …
… der sollte mal genauer hinschauen, was der Bratgut-Meister vor dem Ausbruch der massiven Feindlichkeiten mit dem Luftraum um sich herum anstellt, und derjenige weiß dann auch, wieso eigentlich grundsätzlich die Fette und Säfte die gesamte Röstfläche kontaminieren und nicht nur ihre zugewiesene Hälfte.
Wer von Ihnen allerdings schon einmal selbst als Betroffener mit einem pfannkuchengroßen, rohen Steak nach einer hartnäckig kreisenden Grilldrossel geschlappt hat, ganz so, wie dereinst King Kong nach den Flugzeugen haschte, und wer sich anschließend, wie viele andere Leidensgenossen vor, mit und nach ihm, vor der Blutzollforderung der aufgebrachten Tierleichenverschmäher auf die Spalier-Birne verfügen musste, …
… ja, derjenige von Ihnen weiß, welchen kleinen aber hartnäckigen Vogel ich meine. Übrigens verschmäht zwar der Grilldrossel-Rüde das rohe Steak, das Sie – da oben auf Ihrem Spalierbaum, an dem unten die wütende Meute rüddlt – immer noch in der Faust halten.
Jedoch freut sich dessen Frau, die Grilldrosselin, die prinzipiell in ihrem rasanten Flug dem Boden nicht näher als 3 Meter kommt, sehr über die in die Wolken gehobene Opfergabe.
Mein Tipp: Lassen Sie einfach los, ob Steak oder Fluchtgeäst, ist dabei egal – das Weibchen der Grilldrossel wird im Volksmund auch „Kleiner Armabreißer“ genannt, wiegt 145 Kilogramm und ist die allergrößte Drossel der Welt.
Moderation:
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Musik im Vor- und Abspann (ab Folge 60):