QBE: Vogel der Woche – Der Granufink

15. August 2024

Der Granufink (Fringilla cucurbita)

Heute kommen wir zu einem besonders putzigen Vertreter der heimischen Fauna. Viele zucken zusammen, wenn sie seinen Namen öffentlich hören, meist zucken sie unangenehm berührt zusammen. Aber da kann doch der kleine Vogel nichts für, den ich Ihnen jetzt vorstellen werde.

Der Granufink lebt im Sommer davon, dass er sich im Garten den dicksten, schönsten Kürbis sucht und draufsetzt. Nebenbei frisst er einige Kürbissamen und zieht auch noch eine ansehnliche Kinderschar damit groß. Darin unterscheidet er sich kaum bis gar nicht von anderen Vögeln.

Er begibt sich allerdings sehr gerne in die unmittelbare Nähe von Wasseramsel-Revieren und lässt dort, auf seinem Kürbis sitzend, seinen perlend-plätschernden Gesang hören, und das ist schon deutlich interessanter. Denn die Wasseramseln fallen zu Scharen auf ihn herein und versuchen, in ihm zu landen, sobald sie das Plätschern hören. Der Fink flattert bei ihrem pfeilgeraden Anflug, ähnlich einem Torero, in allerletzter Sekunde beiseite, und – Schmopp! – steckt die Cinclus cinclus auch schon mit dem Schnabel im Kürbis, rudert verdutzt ein Weilchen mit ihren Flügeln und Beinen in der Luft, bis ihr einfällt, dass sie den Schnabel auch wieder rausziehen könnte, weil das Kopfstehen einfach nur dämlich und unproduktiv aussieht. Auf diese Weise überlässt der Granufink die schwere Arbeit, eine erste Bresche in den Kürbis zu meißeln, einfach der Wasseramsel, die dafür den viel besser geeigneten Schnabel hat. Nachdem er circa hundertmal die unfreiwilligen Helfer zur Fremdarbeit gefoppt hat, ist das entstandene Loch groß genug, so dass er nun eigenschnäbelig an die Innenausstattung, beziehungsweise die Innenausräumung seines Nistkürbisses gehen und nebst dazu nötiger Gattin die Produktion der bereits erwähnten Finkenkinderschar in Angriff nehmen kann.

Nun könnte alles so schön sein, gäbe es für den Granufinken nicht noch ein kleines aber hartnäckiges Problem zu lösen. Nämlich das Problem der unmittelbaren Nachbarschaft zu den Wasseramseln, die sich nach Dutzenden von Sturzflügen in einen herrlich frisch klingenden „Gebirgsbach“, der sich als orangegelbe, pappige Täuschung herausstellte, durchaus zu fragen begonnen haben, was eigentlich das kleine Ding war, das jedesmal unmittelbar vor ihrer Pleite beiseite huschte. Zu Recht sind die ganz schön stinkig, wenn sie dann erkennen, dass es ein dreister kleiner dicklicher Fink ist, der sich von ihnen eine Haustür hat meißeln lassen!

Tja, und nun sieht es schlecht aus für den gefiederten Held unserer kleinen Geschichte. Jedes Mal, wenn er vor die Tür geht, muss er nämlich damit rechnen, dass die Wasseramseln nun beim Heransausen gezielt seinen Bürzel anpeilen, um es ihm heimzuzahlen!

Frau Granufink und die Kinderschar bleiben dabei unbelästigt, nur der lästerliche Bauherr ist beharrlich aufs Korn genommen. Und so kommt es, dass im Herbst ein einsamer Granufink, dessen Familie längst gen Süden geflogen ist, mit schmerzendem Pürzel in einem ausgehöhlten Kürbis sitzt, in den zu seiner allerletzten Schmach bei Helloween auch noch von unverständigen Gartenbesitzern eine Kerze hineingestellt wird, die ihm sämtliche nicht von den Wasseramseln gerupfte Pracht versengt.

Denken Sie beim nächsten Mal an diese Geschichte, wenn Sie in einem Garten direkt an einem Bachlauf Kürbisse sehen.

[Diesen Vogel gibt es in der Apotheke]


Moderation:

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Jürgen Kolb
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HikE Worth
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Musik im Vor- und Abspann (ab Folge 60):

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