QBE: Umgang mit Smartphones in der Öffentlichkeit

12. September 2024

Ist es euch mal aufgefallen, immer mehr Menschen sitzen in der Öffentlich mit ihrem Handy in der Hand und hören laut Musik, schauen laut Filmchen oder Telefonieren laut mit Freisprechfunktion.

In vergangenen Zeiten ging man in die Telefonzelle, und machte die Tür zu, das Gespräch ist ja Privat. Hingegen heute, in aller Öffentlichkeit: „Jaaa, es ist Siphelis, Jaaa!“

Wie kam es eigentlich dazu, dass große Teile der Gesellschaft ihre Privatsphäre gegen den Alleinunterhalter getauscht haben?

Beginnen wir eine Zugfahrt, wir sitzen an einem Sonntagmorgen im RE 9 von Aachen über Köln nach Siegen.

Aus der ersten Richtung hören wie die Predigt aus dem Aachener Dom. Zwei Reihen weiter erklingen Hip Hop *kunstpause*, kurz überlege ich ob man das Musik nennen kann, nein, also nennen wir es, Hip Hop-Klänge. Zwischendurch macht es aus einer anderen Richtung laut Muhh und dann Mähh. Tiervideos in voller Lautstärke, ich frage mich warum man überhaupt Kopfhörer erfunden hat.

Ein Handy klingelt, das wird umgehend auf Freisprechen mit Video geschaltet, warum genau wurde eigentlich die Videotelefonie erfunden?

Auf dem Bildschirm ist jemand beim joggen zu sehen, man möchte nur ein bisschen quatschen. Unüberhörbar sind Sätze wie „Ich wäre jetzt fast vom Bus überfahren worden, hätte der denn nicht mal gucken können?“ Und ich frage mich erneut wozu eigentlich die Videotelefonie erfunden wurde?

Die nächste Person daddelt am Handy, das kleine Gerät schmettert die Oper von Jaque Offenbach – Orpheus in der Unterwelt dahin, die sogleich von Rihanna Lied über Regenschirme unterbrochen wird.

In Köln Hbf steigen viele aus, Fahrgastwechsel, oder eher ein Klangwechsel im Zug?

Etwas weiter vorne im Wagen setzt sich ein älteres Ehepaar hin und versucht ein Gespräch mit anderen Fahrgästen anzufangen, „Schönes Wetter heute, oder?“ – Keine Reaktion der gegenübersitzender Fahrgäste. Die ältere Dame holt einen dicken Schinken, irgend einen Bestseller-Roman aus dem Rücksack, der ältere Herr das aktuelle Tageblatt, beide fangen an zu lesen. Bis das Handy der älteren Dame klingelt. Sie klappt die Handyhülle auf, geht ran mit den Worten, „Ach Helga, ich sitze gerade im Zug, kann ich dich später zurückrufen“. Der ältere Herr fragt seine Gattin, was denn ihre Freundin Helga wollte. Die ältere Dame entgegnet ihm, dass sie das nicht wisse, sie werde später zurückrufen wenn nicht der halbe Zug mithöre.

Ich denke mir, da ist sie noch geblieben, die Privatsphäre.

Es steigt ein Fahrgast ein, in der Hand hält er einen dieser Bluetooth-Lautsprecher die mehr Bass als Töne rausbringen. Bum Bum Bum macht das kleine Teil.

Das nächste Mobiltelefon klingelt, eine Junge Dame, übertrieben stark geschminkt zieht das Handy aus der sündhaft teuren Mini-Handtasche der Markt Knutschi, oder so ähnlich. Sie geht an das Telefon ran, schaltet auf Freisprechen und Video, hält das Handy am ausgestreckten Arm schräg über sich und fängt laut an sich zu unterhalten. „Jaa und das ist voll dumm das mein Freund Drogen kifft, das Jugendamt war auch schon mal da und Polizei“

Das ältere Ehepaar schaut entsetzt rüber.

Der Zug fährt kurz hinter Hennef in den ersten Tunnel, der Handyempfang reist ab. Die Junge Dame brüllt ihr Handy an. „Wegen den Drogen war Polizei da, Hallo? Hallo?.

Das ältere Ehepaar fragte höflich, ob sie noch nie etwas von Privatsphäre gehört hat?

Die junge Dame entgegen nur, „Wie was? Privat-Was?“

Ich setze meine Noise-Canceling Kopfhörer auf die Umgebungsgeräusche ausblenden und genieße einfach nichts, Ruhe. Ich glaube diese Kopfhörer die Umgebungsgeräusche ausblenden wurden einfach nur dazu erfunden, damit andere Menschen Rücksichtslos die Umgebung in einen Klangteppich der Extreme verwandeln können.


Moderation:

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Gregor Börner
Text
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Jürgen Kolb
Sprecher


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Musik im Vor- und Abspann (ab Folge 60):

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