QBE: Vogel der Woche – Der Einachser

15. November 2024

Heute: Der Einachser. Gallus monopus.

Fast jeder kennt ihn, den Einachser. Doch niemand kommt auf die Idee, dass dieses Tier, das im Volksmund auch Broiler oder Hendl genannt wird, auch im lebenden Zustand so aussieht!

Der Einachser hat – für einen Hühnervogel – einen sehr merkwürdigen Weg in seiner Evolution eingeschlagen. Wo andere Hühner sich mit gummihandschuhartigem Gefludder aufm Kopf und unterm Schnabel, Hühnerschwänzen, Pfauenschleppen und dergleichen Zierrat ausgestattet haben, eine Weck- und Thermostat-Funktion besitzen und in der ornitologischen Fachwelt obendrein mit ihren befremdlich nennbaren Stimmen Verwunderung hervorrufen, da hat der Einachser sich auf das allernotwendigste reduziert.

Das Weibchen besitzt ein Bein und das Männchen auch. Wenn sie brüten wollen, tun sie sich zusammen und bebrüten das einzige Ei einfach gemeinsam, indem sie es zwischen sich einklemmen und damit als pseudo-zweibeiniger Vogel herumlaufen. Auf die Weise sparen sie sich sogar das Nest, das bei vielen Hühnervögeln eh‘ nur eine lieblos in den Sand gescharrte Mulde ist.

Sobald das Küken schlüpft, fällt das Einachserpärchen wieder auseinander, setzt das Küken frei und jedes Elterntier hüpft wieder seiner eigenen Wege.

Das Brutgebaren des Einachsers ist nicht nur ausgesprochen praktisch, sondern wurde von unseren Vorfahren sogar für so spannend angesehen, dass diese das Einachser-Pärchen in Hunderten und Aberhunderten Wappendarstellungen als „zwienkoeppfigen Greiffen“ mehr oder weniger künstlerisch darstellten. Auch der mittelalterliche Topos des Drachens mit den zwei Köpfen hat seinen Ursprung in der Einachser-Brutgewohnheit.

Der echte Einachser ist sehr selten, was daran liegt, dass pro Brut ein Ei gelegt wird. Nichts desto trotz ist er aber sehr weit verbreitet, wie die vielen Wappen und Kunstwerke mit seiner Darstellung beweisen.

Aus Verehrung des Einachsers begann man ab dem Jahre elfhundert, herkömmliche Hühner mit dem Schwert zu spalten, musste aber bald feststellen, dass diese nicht wie erwartet als Hälften weiterhüpften, sondern tot liegen blieben. Diese nannte man bald, um aus der Not eine Tugend zu machen, ebenfalls Einachser, briet sie und aß sie auf, damit sie nicht sinnfrei vermoderten.

So is das!


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Jürgen Kolb
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Musik im Vor- und Abspann (ab Folge 60):

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